Bericht zur Sozialwahl 2023

von

von Klaus Moldenhauer

Am 30.09.2024 wurde der Schlussbericht des Bundeswahlbeauftragten für Sozialversicherungswahlen zu den Sozialwahlen 2023 an den zuständigen Bundesminister für Arbeit und Soziales, Hubertus Heil, übergeben. Da der Bundesminister kurzfristig in das Bundeskanzleramt musste, wurde der Bericht an den zuständigen Staatssekretär übergeben.

Es gab insgesamt nur sieben Wahlen mit Wahlhandlung. Gewählt wurde bei der:

  • Deutschen Rentenversicherung Bund
  • BARMER
  • DAK – Gesundheit
  • hkk
  • KKH
  • Techniker Krankenkasse

Die Selbständigen ohne fremde Arbeitskräfte wählten bei der:

  • Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau

Festzuhalten ist hier, dass es im Jahr 1980 noch 49 Wahlen bei Versicherungsträgern gab und im Jahr 2023 waren es nur noch bei 7 Versicherungsträgern wie oben aufgeführt.

Die höchste Wahlbeteiligung gab es 1986 mit 43,85% und im Jahr 2023 waren es noch 22,43% der Versicherten.

Die Sozialwahl bei der BARMER ergab folgendes Ergebnis:

  Stimmen Mandate
BARMER Versicherten Gemeinschaft 717.694 13
Ver.di 178.896 4
BfA DRV Gemeinschaft 88.048 1
IG Metall 84.344 1
KAB / Kolping / BVEA 72.884 1
BARMER Interessenvertretung 429.572 7
Gesamt 1.571.438 27
Arbeitgeber   3
     

Bei den Sozialwahlen 2023 konnten erstmals über 22.000.000 Wählerinnen und Wähler ihre Stimme online abgeben. Die Online Wahlen fanden bei 5 gesetzlichen Krankenkassen statt. Im Durchschnitt nutzten 6,56% der Wählenden die online Wahlmöglichkeit. Der Korridor der Online Wahlbeteiligungen lag zwischen 2,42% und 9,96%.

Um diese Onlinewahl durchzuführen mussten Rechtsgrundlagen dafür geschaffen werden. Dabei konnten nur die Selbstverwaltungsorgane der gesetzlichen Krankenkassen gewählt werden, die Arbeitgeber in den Krankenkassen konnte nicht online gewählt werden. Die Deutsche Rentenversicherung führte die Wahl als Briefwahl durch und Rentenversicherungen der Länder hatten sich für Friedenswahlen ( Wahl ohne Wahlhandlung) entschieden.

Diese Vorgehensweise irritierte eine große Anzahl der Versicherten, da es auch in den Familien dadurch zu Wahlaufforderungen kam, wenn der Versicherte bei der DRV Bund
versichert war, bzw. bei einer Ersatzkasse. Wer bei einer DRV der Länder versichert war, erhielt keine Aufforderung zur Wahl.

Wer soll da noch durchblicken und die Frustration der Versicherten führte dann auch zu der geringen Wahlbeteiligung.

Wahlzulassung

Bei den Sozialwahlen können keine Einzelpersonen, sondern lediglich Vorschlagslisten gewählt werden.

Die Vorschlagsliste der BARMER Versicherten Gemeinschaft, also unsere, wurde einer äußerst strengen Prüfung durch ausgewählte Juristen unterzogen. Dabei wurden alle
Merkmale geprüft die für eine Zulassung zur Sozialwahl relevant sind, wie

  • Anzahl der beitragspflichtigen Mitglieder muss über 1000 sein
  • Regelmäßige Treffen der Delegierten und Mitglieder
  • Schulungen der Funktionsträger
  • usw.


Die Prüfung ergab, dass es keinerlei Punkte zu beanstanden gab und so musste unsere Liste zur Sozialwahl 2023 zugelassen werden.

Hier ist insbesondere Dank auszusprechen an Achmed Date, Herbert Fritsch, Ronald Krüger und Katrin von Löwenstein.

Die Online Wahlen bei den 5 gesetzlichen Krankenkassen war eine Pioniertat. Denn über 22.000.000 Versicherte konnten sich erstmals bei einer Sozialwahl für den neuen
Abstimmungsweg entscheiden leider haben nur 340.000 Wähler diese Chance genutzt. Der Anteil bei den einzelnen Krankenkassen war sehr unterschiedlich so haben nur 2,4% der Versicherten bei der DAK-Gesundheit online abgestimmt und bei der TK fast 10%.

Das Tor für nachfolgende Online Wahlen ist damit aufgestoßen und so haben die Koalitionspartner beschlossen im Rahmen verfassungsrechtlich gebotener Maßstäbe online
Betriebsratswahlen in einem Pilotprojekt zu erproben. Vermutlich werden in Deutschland über kurz oder lang auch politisch online-Wahlen stattfinden können.

Notwendigkeit von Reformen

Die Erfahrung aus der Sozialwahl 2023 und der Betrachtung der früher durchgeführten Sozialwahlen zeigt, dass ein „weiter so“ die Existenzberechtigung der sozialen Selbstverwaltung einschließlich der Sozialwahlen gefährden wird. Es sind grundlegende Überlegungen notwendig, um dieses bewährte System zu erhalten und zu stärken.
Die Versicherten müssen die Grundarchitektur des deutschen Sozialversicherungssystems und damit auch die Begründung für eine soziale Selbstverwaltung kennen. Dazu bedarf es eines Basiswissens das durch schulische und außerschulische Bildungsarbeit aber auch die Erwachsenenbildung gewährleistet werden muss.

Hier sind auch die Mitglieder der Selbstverwaltungsorgane, die Mitglieder der Widerspruchsausschüsse und die Versichertenberater gefordert Aufklärung zu dieser
Systematik darzustellen.

Es ist wichtig, dass darauf hingewiesen wird, das nur eine Wahl mit Wahlhandlung, sozusagen eine ganz normale Wahl durchzuführen ist. Eine Wahl ohne Wahlhandlung, die sogenannte Friedenswahl, ist abzulehnen, da nur die Gruppierungen aus den bestehenden Selbstverwaltungsbereichen dann bestimmen wer zukünftig die Aufsicht im Sozialversicherungswesen übernimmt. Hier haben die Gewerkschaften ein sehr großes Interesse die freien Vereine aus dieser Thematik heraus zu boxen.

Mehr Kompetenz für die Selbstverwaltung

Die soziale Selbstverwaltung hat nur dann eine Zukunft und wird sich von den Versicherten als ein Mehrwert angesehen, wenn sie wieder zusätzliche Kompetenzen erhält.

Der Bundeswahlbeauftragte für die Sozialwahlen hat den Vorschlag unterbreitet, dass dieses im Grundgesetz verankert werden muss.

Dazu muss der Artikel 87 Absatz 2 des Grundgesetzes geändert werden, da in diesem Artikel die Sozialversicherungsträger bereits aufgeführt sind an dieser Stelle könnte ergänzt werden dass die Sozialversicherungsträger über eine soziale Selbstverwaltung verfügen müssen.

Dazu zählen

  • die Stärkung des Haushaltsrechts der Sozialversicherungsträger
  • Sicherung der Subsidiarität, das heißt was im Rahmen der Selbstverwaltung durch
    Satzungsrecht geregelt werden kann sollte nicht durch gesetzliche Vorgaben unnötig
    eingeschränkt werden.
  • Weiterhin gehören dazu die Festlegung der Beitragssätze der gesetzlichen
    Krankenkassen,
  • die Entscheidungsspielräume der Widerspruchsausschüsse,
  • mehr politisches Gewicht für die Selbstverwaltungen,
  • mehr Autonomie im Bereich der Rehabilitation,
  • eigenständiges Wirtschaften im Bereich der Verwaltung,
  • verpflichtende Freistellung von Selbstverwaltern durch ihre Arbeitgeber.
  • Verbesserte Öffentlichkeitsarbeit der SV, die Selbstverwalter haben die Möglichkeit, dass die öffentlichen Sitzungen der Verwaltungsräte ausreichend angekündigt, dass
    diese gestreamt und für die Öffentlichkeit besser dokumentiert werden.
  • die Selbstverwalter sollten sich darüber Gedanken machen ihre Gremiensitzungen für Zuschauer interessanter gemacht werden können.
  • Gerade die Listenträger sollten erläutern, wie sich interessierte Personen für einen Listenplatz auf der Vorschlagsliste für die nächste Sozialwahl bewerben können

Die Ausführungen und Aufzählungen in diesem Bericht sind nur ein kleiner Teil dessen was in dem ausführlichen Bericht des Bundeswahlbeauftragten, Peter Weiß, und der Vertreterin, Doris Barnett, aufgeführt ist.

Wer nähere Informationen beziehungsweise den gesamten Bericht lesen möchte, kann dies unter der Internet Adresse www.sozialversicherungswahlen.de finden.

Die Inhalte dieser Information wurden aus dem umfassenden Bericht des Bundeswahlbeauftragten zur Sozialwahl 2023 entnommen und zum Teil zitiert.

Zurück

Kommentare

Einen Kommentar schreiben

Bitte addieren Sie 2 und 4.