Pflegebegutachtung, wie zufrieden sind wir?

von

Zur Pflegebegutachtung der Medizinischen Dienste

Von Gunter Smits, Mitglied im Verwaltungsrat des Medizinischen Dienstes Sachsen-Anhalt

Wenn wir einen Erstantrag zur Pflegeeinstufung oder eine Höherstufungsantrag stellen müssen, dann haben wir die Hoffnung, dass die Pflegekasse unserer Einschätzung folgt. Ist dem nicht so, dann ist der Schuldige schnell gefunden, der Gutachter des betreffenden Medizinischen Dienstes. Und mit den Kontaktsperren in Coronazeiten hat dieses Gefühl zugenommen, denn den Medizinischen Diensten ist ein vorübergehend neues Instrument an die Hand gegeben worden, das Instrument des strukturierten Telefoninterviews.

Viele Versicherte, aber auch viele Selbstverwalter, selbst einzelne Sozialrichter halten dieses Instrument für untauglich, um eine Pflegebedürftigkeit angemessen beurteilen zu können. Sind die Bedenken berechtigt?

Wenn wir uns die statistischen Auswertungen ansehen, dann werden diese Bedenken nicht bestätigt. Die strukturierten Telefoninterviews führten in der ausgewerteten Zeit, immerhin zwei Jahren, zu den gleichen Bewertungen, ja sogar zu leicht besseren Bewertungen der Antragsteller.

So viel zur Statistik. Aber was wollen wir für die Versicherten? Wir wollen eine schnelle und möglichst objektive Begutachtung. Die Medizinischen Dienste wollen eine unabhängige und verlässliche Begutachtung sicherstellen. Und die Pflegekassen wollen zügige und wirtschaftlich günstige Entscheidungen. Denn sie bezahlten die Medizinischen Dienste ja durch eine Umlage.

Der Gesetzgeber suchte in Coronazeiten nach einer Möglichkeit, um Gutachten zu ermöglichen. Die Gutachter sollten die vorwiegend alten Menschen so wenig, wie möglich gefährden. Die häusliche Begutachtung erhöhte das Risiko der Infektionen erheblich.

Der Gesetzgeber hat die Möglichkeit des strukturierten Telefoninterviews als Instrument gefunden und vorübergehend zugelassen. Das Instrument ist wenig geliebt, aber es hat seine Aufgabe sehr gut erfüllt. Es ist seit Juli 2022 nicht mehr möglich, dass die Medizinischen Dienste dieses Instrument einsetzen, denn es war befristet.

Aktuell fehlt die Möglichkeit der Begutachtung mittels strukturierten Telefoninterviews. Und damit werden die Medizinischen Dienste in verschiedener Hinsicht vor neue Herausforderungen gestellt. Sie konnten mit diesem Instrument leichter sicherstellen, dass Gutachten fristgerecht erstellt werden. Die Ergebnisse, wie oben dargestellt, fielen für die Versicherten eher besser als schlechter aus. Und die Dienste konnten Kosten sparen. Denn gerade in dünn besiedelten ländlichen Regionen konnten lange Anfahrten durch die Gutachter auf ein Minimum reduziert werden.

Die Zahl von Gutachten in der Pflege wird auch in den kommenden Jahren zunehmen. Die Bereitstellung von ausreichend Personal zur Begutachtung ist ausgesprochen ambitioniert. Denn auch die Medizinischen Dienste leiden unter dem Mangel von ausreichend qualifizierten Fachkräften auf dem Arbeitsmarkt.

Es erscheint deshalb sinnvoll, dass die Möglichkeit der strukturierten Telefoninterviews unbefristet zuzulassen. In Streitfällen könnte eine Möglichkeit der Nachbegutachten durch häusliche Besuche geschaffen werden. So könnten sinnvoll und ohne Qualitätsverluste verschiedene Herausforderungen angenommen werden, denen sich die Medizinischen Dienste in den kommenden Jahren stellen müssen.

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